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89) 12.-18. Juni: Fish Lake & Crater Lake

12.-18. Juni, Tag 75-81, PCT-km 2.844 bis 2.930

Kilometer gesamt: 1.215

 

Heute haben wir endlich mal wieder "Service" und können unseren Blog aktualisieren! Allerdings wollen wir danach etwas mehr in Kurzform/evtl. Telegrammstil fortfahren, da wir festgestellt haben, dass wir zu viel Zeit für Medien brauchen. Es ist etwas mühsam, auf dem Handy Texte einzugeben, und auch "Service" abzupassen. Bleibt bitte trotzdem interessiert dran und uns gewogen 😘.

 

 

12. Juni, Tag 75

Unterwegs trafen wir auf zwei junge Frauen, Trailnamen Buttercups und  Biscuits, die auch die Sierra ausgelassen hatten und nun von Fish Lake aus southbound liefen. Fish Lake ist sozusagen der nördlichste, schneefreie "Ort" in Oregon. Dort gibt es einen Campingplatz samt Restaurant, das uns von den beiden wärmstens empfohlen wurde, vor allem die Biscuits and Gravy 😄. Das mit den Moskitos soll noch schlimmer werden, haben sie uns auch noch auf den Weg mit gegeben. Moskitos sind überhaupt die nächsten Tage DAS Thema. Die Plage muss noch schlimmer als sonst sein, da auch in Oregon noch mehr Schnee als üblich liegt.

 

Unsere Mittagspause an einem kleinen Bach gemacht, an dem wir auf Mulan und 173 trafen, die wir vor Wochen beim Trailmagic von Vera (die Frau ganz in Pink) kennen gelernt hatten. Sie hatten versucht, von der Grenze zwischen Oregon und Washington southbound zu gehen, mussten aber durch Schnee und Sturm abbrechen. Sie sind dann von Fish Lake aus wieder eingestiegen und uns southbound entgegen gekommen, um weiter Richtung Ashland zu laufen, wo wir herkamen.

 

Von Mulan erfuhren wir endlich den Grund, weshalb die einen Menschen mehr, die anderen weniger von Moskitos gestochen werden. Demnach ist das ein Zeichen für sauerstoffreiches, also gutes Blut, wenn man dauernd gestochen wird ... Bei uns daheim hieß es ja immer nur, "du hast süßes Blut". Dabei esse ich viel weniger Zucker als Olli, wo soll's also herkommen?! Die andere Erklärung tröstet mich weit mehr. Manche Moskitos schleichen sich an, man hört sie gar nicht. Andere setzen sich dreist mitten ins Gesicht, wenn man das Moskitonetz kurz zum Trinken anhebt ...

 

Wir haben uns dann auch entschlossen, in Fish Lake einen Zwischenstopp einzulegen, um etwas zu essen und ein kühles Bier zu trinken, einige Lebensmittel aufzufüllen, im See zu baden und schlussendlich noch die Bezahldusche (6 Quaters für 3,5 min) zu nutzen. Sabine brauchte auch neues Insektenspray und After-Bite-Cream. Das Resort wird seit kurzem von Kaitlyn und Rob geführt, die von Kalifornien kommen und sich hier mit ihren beiden kleinen Jungs eine neue Existenz aufbauen und ein besseres, gesünderes Leben für die beiden erhoffen! Eine herzerwärmende Begegnung hatten wir mit Kelly, ihrem Partner Leroy und Hundedame Jazelyn. Kelly war am Fish Lake aufgewachsen und seit 32 Jahren zum ersten Mal wieder da, um die Asche ihrer Mutter hier zu hinterlassen. Das war vor allem für Sabine sehr ergreifend, da sich bald schon der zweite Todestag ihrer Mutter jährt ... Dann waren wieder die Moskitos Thema. Kelly, die Sabines Not überall sah, schenkte ihr eine ganze Dose Vitamin B 1 Tabletten. Davon jeden Tag eine soll die "Biester" abhalten. Jeder vermiedene Stich beschert Sabine eine bessere Nacht ... Gegen Abend haben uns die Inhaber des Restaurants/Shops zum Trailhead zurückgefahren und wir sind noch ca. 8 km gegangen. Ca. einen Kilometer vom Trail entfernt haben wir dann einen schönen Zeltplatz an einem kleinen Bergsee gefunden (ein Tip von einem Hiker, den wir in Fish Lake gesprochen hatten). Bilder

 

 

13. Juni, Tag 76

Der Trail führte nun langsam bergauf und erster Schnee tauchte auf. Der brachte erst mal ein Hochgefühl mit sich, da es schon sehr warm bis heiß gewesen war. Irgendwann gingen wir dann nur noch durch Schnee, was das Navigieren extrem erschwerte, da der Trail meist nicht mehr zu sehen war. Kam noch dazu, dass wir seit Tagen die ersten PCT-Hiker auf dem Trail waren und somit keine Fußspuren uns den Weg zeigten. Haben am Abend einen winzigen Platz fürs Zelt inmitten von Schnee gefunden und uns mit einem Lagerfeuer aufgewärmt, Schuhe und Socken getrocknet und mit dem Rauch die Moskitos vertrieben. Bilder

 

 

14. Juni, Tag 77

Der Trail führte langsam auf den über 2.200 Meter hohen Devils Peak. Ein sehr steiler und langer Schneehang war dabei am Vormittag zu bewältigen. Absolute Rutschgefahr! Sogar mit Microspikes. Haben die Stelle durch oberhalb Queren, wo Bäume und Felsen - zwar ebenfalls im Schnee - Halt haben, gut gemeistert und dann an einem schönen Bergsee Mittagspause gemacht. Dort drei Amerikaner kennengelernt, die ziemlich erfahren waren: Beast, Skittels und Savior. Sie bedankten sich für unsere Spuren. Ihre Mittagspause fiel kürzer aus als unsere, was für uns super war, da wir danach auf deren Spuren laufen konnten. Am Abend haben wir sie auf einem Berggipfel wiedergetroffen, da sie erst am nächsten Tag bei festerem Schnee weitergehen wollten. Da absolut kein Platz für ein drittes Zelt war, sind wir noch bis zum Devils Peak weitergegangen, atemberaubende Aussicht! Haben dort auf 2-3 qm unser Zelt aufgebaut und übernachtet, da wir den nächsten schwierigen Schneehang um diese Zeit nicht mehr runtergehen oder runterrutschen wollten, zumal auch nicht klar war, wo der Trail verlief. Olli checkte noch einen Anstieg, der aussah wie der Trail ohne Rucksack aus und ging fast bis zur Spitze hoch ... Konnte nicht sein, zu extrem im Gap zwischen Felswand und meterhoher Schneekante zu laufen.

 

Leider selbst hier oben Moskitos, die uns den tollen Sonnenuntergang nur eingeschränkt genießen ließen. Dafür Null Netz! Wir haben das erste Mal seit langem keine Kraft mehr gehabt, etwas zu kochen und auch sonst nichts mehr zu Abend gegessen. Bilder

 

 

15. Juni, Tag 78

Am frühen Morgen kamen dann auch schon Beast, Savior und Skittels, auf die wir gehofft hatten. Wir beratschlagten zu fünft und der beste Weg schien, den Schneehang bis zu den dünnen vom Schnee gebeugten Bäumen quer zu gehen, dort bis zum flacheren Teil des Schneehangs im Zick Zack sich runter zu arbeiten, Rest dann easy. Die drei starteten danach gleich, wir packten zuende. Sie hinterließen uns perfekte Fußspuren, die wir etwas später nachgegangen sind. Nicht ungefährlich, ein falscher Tritt und man rutscht 1.000 Meter den Hang runter! Weiter durch Schnee und Eis und durch wenige schneefreie verbrannte Wälder. Und weiterhin geplagt von tausenden Moskitos. Nahe dem Gipfel Goose Egg einen tollen Platz fürs Zelt gefunden und ein Lagerfeuer gezündet. Aber das hat die Moskitos dieses Mal nicht wirklich vertrieben?! Vielleicht eine abgehärtete andere Spezies ... Das Pinienholz roch aber auch zu gut.

 

Da wir Empfang hatten, haben wir begonnen, unseren Blog zu aktualisieren, was ja nur online geht. Unsere Tochter Zarah hatte inzwischen auch im Netz recherchiert und uns geschrieben, dass nur die weiblichen Moskitos Blut bei Menschen saugen!! Wohl wegen der Kraft, die sie fürs Eierlegen brauchen?! Wie betroffen jemand ist, hänge auch vom genetisch festgelegten Körpergeruch ab. Keine gesicherten Erkenntnisse, darüber, dass das Einverleiben von Knoblauch, Bier oder auch Vitamin B 1 als Wunderwaffen gegen Moskitos helfen. Mist.

 

Sabine nimmt inzwischen wieder Cetirizin (Antiallergikum), um ohne Kratzen durchschlafen zu können. Bei der täglichen Vitamin B 1-Tablette bleibt sie trotzdem. Ein schönes anderthalb stündiges lange fälliges Tefonat über WA mit Zarah war das Highlight der jungen Nacht. Bilder

 

 

16. Juni, Tag 79

Am morgen passierten uns zwei PCT-Hiker, die wir noch nicht kannten. Wir saßen im Schatten der verbrannten Bäume und schrieben wieder am Blog Bis ca. 11.30 Uhr. Die beste Laufzeit war also wieder vorbei, aber wir genossen auch, dass durch den leichten Wind sehr wenige Moskitos am Start waren im Gegensatz zum Abend davor. Nach Kontrolle, dass das Feuer gut aus ist und Werfen von weiterem Sand auf die Asche, ging's los. Wir hatten noch ca.13 km bis Manzama Village im Crater Lake National Park zu gehen, klang machbar. Doch die letzten 8 km bergab verliefen durch teils 2 m hohen Schnee und wir kamen nur extrem langsam voran. Schier endlos erschien uns der Weg, den man kaum sah, ihn aber immer wieder finden musste. Hieß Stehen mit Handy und über App (GPS) Navigieren. Aber sobald man stand, war man umgeben von Moskitoschwärmen. Endlich, gegen 17 Uhr erreichten wir Manzama Village im Crater Lake National Park, ein bekannter Touristenort. Dort auf dem Hikerplatz das Zelt aufgebaut, da alle Cabins schon lange ausgebucht waren, es war hier auch noch Vatertag Wochenende. Geduscht, Wäsche gemacht (1,25 Dollar Waschen und 1 Dollar Trockner) und im Restaurant die bislang teuerste Pizza (21-23 Dollar) gegessen. Ein Wiedersehen gab es mit Beast, Skittels und Savior, die am späten Vormittag angekommen waren. Spät noch mit den wenigen anderen Hikern - darunter auch Sina von der Gruppe Walking Dead - Bier am Lagerfeuer getrunken (ein Trailmagic von einem edlen Spender, der in einer Brauerei arbeitet), Sinas Erzählung gelauscht, dass die Gruppe von sieben auf drei Hiker geschrumpft war, was sie sichtlich sehr traurig machte. Die anderen waren "Atlantis" aus München begegnet, den wir an unserem 2. Tag, also am 1. April, 20 km hinter Campo getroffen hatten, und der wohl mit im Schnitt 35 Meilen am Tag nur so über den Trail "geflogen" sein soll, inklusive Sierra, die er als erster bei noch mehr Schnee als jetzt durchquert haben soll. Er wird wohl bald in Kanada ankommen. Stefan, Mountain Lion, aus der Schweiz, hat uns wiederum geschrieben, dass er  nach dem Fuller Pass aus der Sierra ausgestiegen ist und ein, zwei Wochen die weitere Schneeschmelze abwarten wird. Damit werde dann für ihn fraglich, ob er in seiner Zeit bis Ende September den ganzen PCT noch schaffen wird. Er sei dankbar für das Erlebte und das Erkennen sei er Grenze. Nach dem Austausch am Feuer total erschöpft eingeschlafen. Bilder

 

 

17. Juni, Tag 80

Zero Day in Manzama Village. Frühstück im Restaurant, Eggs and Cheese auf Biscuits und Joghurt mit frischen Früchten (Sabine) und Eggs, Sausages, Potatoes and Biscuits und Pancakes (Olli) mit Starbucks Kaffee zu uns genommen.

 

Dann absolutes Tief bei Sabine. Die Aussicht auf viele weitere Tage mit Schnee UND Moskitos, wahrscheinlich auch noch die Hunderte von Meilen in Washington, war zu viel. Der Schnee ist total 'exhausting' und erholsame Pausen, und zwar da, wo man sie braucht, sind wegen der Moskitos nicht möglich. Gegen Hitze, Kälte, Wind, Sturm, Regen kann man sich irgendwie wappnen bzw. gehen vorüber, aber gegen die Moskitopein ist man fast machtlos.

 

Ein Wiedersehen mit Andi und Jonas (El Problematico und Herbal Witch), die etwas abgekämpft ins Restaurant traten, beendete die Trübsal und Grübelei. Auch sie haben von unseren Spuren im Schnee profitiert, auch sie fanden die letzten 5-8 Meilen bis Manzama nicht so funny, Navigieren während Moskitos einen bei lebendigem Leib "auffressen", auch sie haben unter den Moskitos gelitten. Geteiltes Leid = halbes Leid und immer wieder Olli, der auf die freie Entscheidung verwies 😭. OK, weitermachen.

 

Einkauf für sieben Tage im Store erledigt. Letztes Campinggas und letztes DEET-Spray (leider Chemiekeule) gegen Moskitos bekommen. Am Vortag gleich nach Ankunft das Lemon-Eukalyptus-"Naturspray" gekauft gehabt, um zum Kopfweh verursachenden DEET mal ne Abwechslung zu haben. Leider bringt das "Naturspray" fast nichts. Sieben von zehn Poptarts (längliche Doppeldecker-Kekse mit diverser, sehr künstlicher Cremefüllung in diversen "Frucht"arten) wurden fälschlich mit je 5 Dollars berechnet statt mit je 99 Cents, was Sabine einen vierzig-minütigen Kreditkartenrefundact einbrachte ... Allerdings bekam sie danach die sieben "teuren" Poptarts für ihre Geduld geschenkt.

 

Beim Warten Ben aus Holland kennen gelernt, dem Sabine After-Bite-Creme aus ihrer Bauchtasche abgab, da der Store keine mehr hatte. Ben musste wiederum warten, weil der Refund im Gange war. Er konnte dann aber an einer zweiten Kasse, die geöffnet wurde, bald sein Spray zahlen. Ben und Frau Ina dann im Restaurant wieder getroffen. Olli hat lange holländisch mit ihnen gesprochen, während Sabine wiederum mit Jonas über persönliche Veränderungsprozesse im Gespräch war. Später haben die Holländer uns auf einen Wein in ihre Cabin eingeladen. Sie werden nun auch unser zweites Zelt mit zurück nehmen, wir trennen uns ungenutzt wieder davon. Die Unabhängigkeit hat in schwierigem Gelände ihre Grenzen 😅. Aber fürs Gefühl waren die ausgegebenen 185 Dollar wichtig. Auch als Paar, das lange verheiratet ist (ihr erinnert euch, 23. Hochzeitstag bei Dauerregen aufm Little Jimmy Campground unterhalb Mount Baden-Powell), macht man noch Entwicklungen durch 😃. Bilder

 

 

18. Juni, Tag 81

Frühstück am Zeltplatz parallel zum Zeltabbau. Der Ranger hatte Bananen, Äpfel und Karotten in den Food Storage Locker gelegt (kommodengroße Metallschränke mit besonderem Griff zum Öffnen, kein Bär oder anderes Tier kann das 😊). Ein nettes Angebot der Holländer, am Vorabend ausgesprochen, bescherte uns dann eine sehr angenehme Dusche, nichts gegen öffentliche Münzduschen, aber das war schon besser ...

 

Nach dem Aktualisieren dieses Blogs wollen wir nun heute in Richtung Odell Lake weiterziehen, das etwa 130 km entfernt liegt. Wir werden die PCT-Variante am Kraterrand des Crater Lakes gehen, die zwar anspruchsvoller, aber kürzer als die Umgehung ist. Und da überall Schnee liegt, ist uns diese kürzere Variante lieber. Die Vorfreude hält sich allerdings in Grenzen, da es mit dem Schnee und den Moskitos weitergeht.

 

Unser Wegkommen wurde nochmals verzögert, da Andi und Jonas um die Ecke vom Restaurant kamen, vor dem wir bloggten und Kaffee tranken. Ein ausgiebiges Gespräch über Bildung, unser aller Eindrücke von den Menschen hier, ein bisschen Politik, Hikerbegegnungen, Erfahrungen übers Laufen zu zweit, Toleranz, über die Qualität des Essens und dann im Speziellen den Hackbraten von Jonas wurde von einer Zigarillospende von Jonas an Sabine abgerundet. Zigarillorauch soll nämlich auch gegen Moskitos helfen. Diese schwirrten tatsächlich ab. Wir jetzt auch. Bilder

 

 

Der nächste Blogeintrag wird wohl erst in etwa einer Woche folgen ...