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101) 16.-20. Juli: Cascade Locks und die "Bridge of the Gods" (Grenze zu Washington)

16.-20. Juli, Tag 108-112

PCT: 3455 km, gelaufen: 1740 km

 

Wir sind kurzfristig noch einen Tag länger in der Timberline Lodge geblieben, da es einen separaten Computerraum gab - mit einem iMac samt Tastatur! Sabine hat die Gelegenheit genutzt und den nächsten Artikel für die Zeitung geschrieben. Das macht natürlich viel mehr Spaß an einem großen Monitor und vor allem mit Tastatur, man kann den Text so richtig schön bauen. Endlich auch mal Filmmaterial und Fotos auf großem Bildschirm gesichtet. Außerdem waren noch einige Abrechnungen zu tätigen, liegengebliebenen Altlasten, wichtig, dass sie endlich erledigt wurden, da sie Geldfluss bedeuteten. Durch die erholsame Zeit mit Tastatur kamen wir auf die Idee, eine klappbare 141 g leichte Bluetooth-Tastatur nach Cascade Locks zu bestellen. Die können wir für jegliche üppigeren Textarbeiten mit dem Handy benutzen. Wir mussten eh zur Post, um eine neue kurze Hose und einen Gürtel für Olli (Sabine nutzt den seiner Hose, da sie zwei "Konfektionsgrößen" verloren hat), neue SD-Karten u.a. abzuholen. Blog-Schreiben wird in Zukunft also noch mehr Freude machen und schneller gehen :-))

 

Es gab sogar eine dritte Nacht bei der Lodge. Die verbrachten wir aber im Zelt auf einem kleinen Hügel etwas oberhalb des Hotels. Naja, eigentlich nur Olli, da Sabine die ganze Nacht im Computerraum arbeitete und erst am Morgen mit frischem Kaffee für Olli zum Zelt kam und sich dann noch drei Stunden ins sonnengewärmte Innere legte. Eine dritte Nacht in der Timberline Lodge wäre dann doch zu teuer gewesen. Auch andere Hiker übernachteten auf der kleinen Campsite unter Nadelbäumen. Olli traf abends beim Aufbau noch auf Old Goat, Tow und Rabbit, die wir aber erst auf unserem weiteren Hike wirklich kennen lernen sollten.

 

Am 16. Juli sind wir dann gegen 17 Uhr in Richtung Cascade Locks aufgebrochen, eine kürzere Etappe von 80 km. Cascades Locks liegt am Columbia River, der die Grenze zwischen Oregon und Washington ist. Obendrein gibt es dort die Bridge of the Gods, die über den Columbia River führt und an der Cheryl Strayed, im Film "Wild" von Reese Witherspoon dargestellt, ihren PCT-Hike beendete. Sie lernte dort ihren späteren Ehemann kennen. 

 

Die vier Tage hatten es von der Elevation in sich! Einmal gab es einen Anstieg von über 500 m auf nur 3,9 km. Eine schöne Begegnung gab es hier mit Greg aus Portland (ursprünglich aus Illinois), der uns am 17. Juli um die Mittagszeit während des 500 m-Anstiegs mit seinen Hunden Sami (nach Sami Khedira, sie hatten ihn während der WM 2014 bekommen) und Choco entgegen kam. Es stellte sich heraus, dass Greg mit einer Deutschen aus Oldenburg verheiratet ist und er wegen ihr in den 80er-Jahren nach Deutschland kam. Sie hatten sich an der Uni in Wyoming kennen gelernt, wo sie ein Auslandsstudienjahr absolvierte. In Deutschland schrieb er sich an der Uni Konstanz für Germanistik und Philosophie ein, stieg dann aber um auf Klempner, um arbeitstechnisch unabhängiger zu sein, da Frau Sigrid als junge Wissenschaftlerin in der Forschung (post docs) flexibel sein musste und man als Klempner immer und überall Arbeit fand. Ein amerikanischer Klempner bei deutschen Kunden, das war damals wohl der "Hingucker"! Er hätte vor der Arbeit oft erstmal einen Schnaps trinken und seine Geschichte erzählen müssen. Dann sind sie wegen der damals besseren Aussichten in der Forschung zurück in die Staaten. Wir redeten viel über die Unterschiede zwischen den Ausbildungssystemen in Deutschland und den USA und staunten, was Ausbildung in den USA kostet! Was haben wir in Deutschland eine tolle Ausbildungslandschaft, wo ein Studium oder eine Ausbildung nahezu kostenlos zu haben ist! Auch dafür beneiden uns hier viele Menschen! Ein weiteres Thema war der Mauerfall. Greg gab uns dann noch ein paar Tipps für Cascade Locks, u.a. wo es das beste und größte Softeis gibt. Nach über einer Stunde verschwitzt am steilen Hang stehend wurde es kalt und es war Zeit, "good bye" zu sagen. Greg sprach eine herzliche Einladung zu sich nach Portland aus, sein Deutsch ist übrigens hervorragend, "Wir haben ein Gästezimmer und wir kochen gerne ...".

 

Das Wetter ließ zu wünschen übrig. Es war inzwischen stark bewölkt, kalt (abends 4 Grad Celsius) und am 17. Juli regnete es ab dem Nachmittag, wir waren gerade wieder vom Ramona Falls Alternate Trail (schöner, etwas länger, toller Wasserfall) wieder auf den PCT gestoßen. Unterwegs haben wir Old Goat, Tow und Rabbit wieder getroffen. Sie erinnerten sich an Olli und die abwesende Ehefrau, die am Computer die Nacht verbracht hat, ansonsten aber den PCT hikt. Wir geben zu, ein ungewöhnliches Bild. Es stellte sich heraus, dass Tow (Brent) der Opa der achtzehnjährigen Rabbit war und zusammen waren sie mit Freund Old Goat (Doug) unterwegs. Die Männer, beide retired und 64 Jahre alt, wollten dem Mädchen das Outdoorleben zeigen ... Wir machten ein langes Interview bei anbrechendem Abend und zunehmendem Regen. Selbst wurden wir Teil des YouTube-Blogs der beiden Männer "Old Goat Club" und beantworteten Fragen zu unserer Tour direkt in eine GoPro von Tow. Wir haben am späteren Abend völlig durchnässt das Zelt aufgebaut. Es regnete die ganze Nacht durch und am nächsten Tag bis mittags. Erst als die Sonne wieder rauskam, packten wir zusammen, unsere Sachen waren komplett nass. Glücklicherweise trocknete die Kleider - auf die Rucksäche geschnallt - doch recht schnell. Wir müssen allerdings für einige sensiblere Gegenstände noch bessere wassergeschützte Lösungen finden.

 

Der Abstieg nach Cascade Locks führte uns dann auf einer Strecke von 15 km von 1300 auf 70 m! Der tiefste Punkt des PCTs! 

Am 19. Juli haben wir Cascade Locks erreicht. Die absteigenden Kilometer sind wir mehr und mehr getrennt gelaufen. Wie kamˋs? Netz am Berg machtˋs möglich. Sabine wollte doch schon die ein oder andere Nachricht absetzen, z.B. Gabi, die unseren Blog übersetzt zum Geburtstag gratulieren oder sich mit Cousin Philipp in Australien kurzschließen. Fluch und Segen der Verfügbarkeit durch mobile Daten!! Andererseits traf Sabine dadurch mit Adam und Tochter Eden zusammen. Des Weges schlendernd sprach Adam Sabine an: "Are you a Thruhiker?" Nachdem dies bejaht wurde und die Fragen zum Gewicht des Rucksacks geklärt waren, kam Adam mit dem eigentlichen Anliegen heraus: Er war mit seiner Tochter auf einem Zweiwochenhike von Cascade Locks zu den Sisters. Es war ihr erster Tag und sie hatten um 14 Uhr gerade mal drei Meilen von Cascade Locks aus geschafft, der noch angenehmere Teil der Steigung, und saßen im Schatten, um sich auszuruhen. Sie hatten für zwei Wochen Essen dabei und die Rucksäcke waren wahnsinnig schwer. Sabine konnte Adams Rucksack gerade mal ganz kurz 3 cm vom Boden abheben. Auch der Rucksack von Eden war schwerer als Sabines, allerdings von Wasser und Essen geleerter Rucksack. Sie fragten Sabine, ob sie Trailmix, Jerky und Peanut Butter haben wollte (ein riesiges Glas, fast ein Kilo). Sehr gerne hat Sabine das in ihrem "leeren" Rucksack mitgenommen, ihnen fast zwei Kilo damit abgenommen. Zuvor schon fragte Adam Hiker, wohl Dayhiker, die auf die Frage der Essensübernahme wohl etwas befremdlich reagiert hatten. Die beiden waren nun happy. Ein Interview folgte. Eden wollte physisch fitter werden auf der Tour ... Vater Adam, ein Programmierer, und Eden stammten aus der Stadt Olympia aus Washington (Nähe Seattle) und boten auch an, dass wir sie gerne kontaktieren könnten, wenn wir dann dort Hilfe bräuchten.

 

Olli erwartete Sabine mit breitem Grinsen, weiter gingˋs! In Cascade Locks haben wir uns ein Zimmer im Motel "Bridge of the Gods" genommen. Essen, Resupply, Technik versorgen, Geräte aufladen, Wäsche waschen stehen auf dem Programm. Und natürlich der "Besuch" auf der Post: Tastatur, Gürtel, Hose, SD-Karten, Kaffeebeutel, ähnlich Teebeutel, für Tassen (wir waren durch Beutel aus der Hikerbox im Big Youth Camp auf diese Version des Kaffeebrauens fürs Campen aufmerksam geworden) abholen. Ins Trailregister eintragen, die Hikerbox durchsehen, Gas und Teebeutel mitgenommen. Ja, in amerkanischen Postämtern trifft man auf solche Sachen wie Hikerbox und Trailregister! Danach Eisdiele, dann die Brewery waren der Plan. Erstes Bier frei für Hiker. Auf dem Weg dahin trafen wir am Oregon-Washington-Terminus, eine Holzinstallation, die dem Terminus in Kanada nachempfunden und anlässlich des 50-jährigen Bestehens des PCT im letzten Jahr hier aufgestellt worden ist, Doc und Hex (die deutsche Großmutter hatte sie so genannt), eine Lehrerin und ein Arzt, die den PCT hiken. Sehr schönes Interview.

 

Kulinarischer Höhepunkt des Abend: Beer Float, Vanilleeis mit einem "Schtout"-Bier (dunkel, Guinness ähnlich) aufgegossen. Total lecker und super Alternative zu einem Eiskaffee, merken wir uns. Wunderbar war, dass die Tub im Bad vom (sehr kleinen) Motelzimmer ein Jakuzzi war und wir uns so noch Durchmassieren lassen konnten. 

 

Am 20. Juli wollen wir gleich weiterziehen, also mal "endlich" wieder nur ein Nero-Day ;-) Washington steht nun auf den Programm, knapp 509 Meilen bis zur kanadischen Grenze, für die wir ca. 5 Wochen einkalkulieren. Es ist zwar mit wenig bis keinem Schnee zu rechnen, die Strecken gehen hier aber ständig rauf und runter, heißt mehr Elevation insgesamt. Extremer als in Oregon. Trotzdem hoffen wir, schneller durchzukommen 😅.

 

Zu den Bildern (Bilder vom 20. Juli, u.a. von der "Bridge of the Gods", folgen noch):

 

16. Juli

17. Juli

18. Juli

19. Juli