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1 / 2. Teil) Sabine, 19.-23. Oktober: Bucks Lake Road Trailhead bis Nähe Chester

19.-23. Oktober, Tage 203-207

PCT-Kilometer 2131, gelaufene Kilometer 3636

 

Wecker und Sonne machten mich wach. Gleich die Lampe ans Solarpanel gehängt und in die Sonne gelegt. Es ist nicht sehr kalt. Handy an die Powerbank.

 

(Beim Schreiben merke ich, dass ich immer wieder ins Präsens verfalle, irgendwie bin ich so schneller. Und es fühlt sich richtiger an, weil ich die Erlebnisse noch fühle, sie noch aktuell sind, auch wenn teils Tage vergangen sind. Also werde ich jetzt so weiter schreiben, ist quasi wie Historisches Präsens.)

 

Bin immer noch dabei, mich alleine im Zelt neu zu organisieren, der Rucksack "schläft" ja jetzt drinnen mit. Stand bislang im Vestibül, wenn auch dort nicht ganz reinpassend, er soll ja wasserdicht sein. Wohingegen Olli seinen immer draußen mit Regenüberzug geparkt hatte. Ich komme einfach gerne jederzeit an meine Sachen ran ...

Es gibt Kaffee und Oatmeal warm mit 2 Trockenpflaumen, Bananenchips und dem Rest der Haselnussschokolade (ha, drei 's' hintereinander) verrührt. Lecker!

Dann repariere ich Ollis Daunenjacke, am Ärmel kommen die Federn raus. Mein blaues Kine-Tape kommt drauf, statt Gaffer (das hier Duck-Tape heißt), weil elastisch. Bunt ist auch viel schöner.

 

Guthook Check:

Großer Anstieg heute von 3600 auf 7000 feet.

Bis Ashland noch einige solche Kaliber mit 2-3 x auf bis zwischen 7000 und 8000 feet, also über 2100 - 2400 m Höhe, wird Kälte bedeuten.

 

Wasserstellen gecheckt, in ca. 4 und 8 Meilen 'good flow' laut Delta_footsteps, der hier ne Woche vor mir durchkam. Werde aber nach 4 und 8 Meilen nichts mitnehmen, da auch weiterhin fast überall 'good flow' . Will nichts unnötig schleppen. Der Rucksack ist wegen Essen für 8 Tage und Zelt, das ich nun noch reinquetschen musste, übervoll und schwer.

 

Peile an, trotz spätem Wegkommen und Steigung:

Tentsite in ca. 18.3 Meilen (30 km) bei Humboldt Trail Junction oder bei etwa 19.5 Meilen (fast 32 km), Platz mit view.

 

Nach Zeltabbau, bei dem sich der Muskelkater am Hintern bemerkbar macht, gibt's schon traditionell vorm Losgehen das 2. Frühstück als Stärkung. Es gibt den Karma Earl Grey und Cheddar Cheese-Stücke, dann Nussbrezelmischung.

 

Bislang habe ich 19 kg abgenommen, Olli 15 kg (hatten in Sierra City die Gelegenheit, auf eine Waage zu stehen).

 

1000 Höhenmeter Steigung sind kein Spaß. Wenige Male ist es kurz relativ eben, z.B. über die Meadow mit Schild "Welcome To Cascade Range, volcanic (andesite)".

Auf der Rückseite, da wo ich herkam, steht "Welcome To Sierra Nevada, metamorphic (Calaveras Formation)".

 

Wegen einer Bridge Construction muss man den breiten Chips Creek weiter unten überqueren (fülle eine Flasche) und kommt dabei an einer Campsite vorbei. Dort finde ich eine Duracell Blockbatterie. Stecke sie in eine leere Tüte von Papiertaschentüchern und nehme sie mit. Haben auch schon Magnete (damit kann man den Schlauch vom Camel Bag - Wasserbeutel im Rucksack - vorne am Schultergurt fixieren), Plastik, diverse Metallteile aufgesammelt in unserer Trailzeit. Die große, teils offene Batterie nervt mich. Stehe ja am Anfang der 175 km Stretch bis Old Station. Die Werbung für Duracellbatterien aus meiner Kindheit kommt mir in den Sinn. Ein Plüschäffchen, das in großer Geschwindigkeit immer wieder Metallbecken (Musikinstrument) aneinander schlägt. Ridiculous! Ich komme bei der Bridge Construction auf der andere Seite weiter oben vorbei. Hier sind Bretter für die Brücke gestapelt. Hinterlasse die Duracell in Tüte mit Nachricht, mangels Papiers direkt aufs Holzbrett geschrieben, für die Arbeiter, sie mögen sie gut entsorgen. Da dort einige leere Plastikflaschen herum liegen, mache ich mir keine weiteren Gedanken, dass das klappen wird 😅.

 

Mache bald danach Pause und mit einem Pülverchen einen Strawberry Peach-Trunk.

Denke an Olli, müsste bald aus San Francisco abfliegen. Er wollte vorher noch zum Friseur ...

 

18.45 Uhr auf dem Berg direkt vor der Frog Junction auf 7070 feet - ca. 2171 m - gibt es Empfang.

Habe tatsächlich Nachricht von Olli. Alles gut gelaufen, bei der Passkontrolle hätte sich der Beamte nicht die Bohne fürs abgelaufene B2-Visum interessiert. Olli kam nicht in den Genuss, das farbig ausgedruckte ESTA vorzuzeigen. So wissen wir nicht, ob das funktioniert hätte. Na ja, ich reise ja auch noch aus. Jedenfalls hat er so 450 Dollar für die offizielle B2-Verlängerung gespart (sh. Blog 114 zu Visum-Frage). Bei mir wär's dann eben so viel.

 

Schnell weiter, es ist windig da oben und damit schnell sehr kalt geworden, außerdem fast dunkel. Aber, tollen Sonnenuntergang genossen. In Serpentinen geht's runter, an der Frog Spring hole ich Wasser, zieh mir was über, geh aufs Klo und weiter.

Schöner Weg abwärts, offenerer, aufgeräumterer Wald, ist auch inzwischen der Lassen National Forest.

Ich treffe einen kleinen schwarz-gelben Salamander(?), lurchiartig. Einige werden sicher noch die Hefte der Salamander Schuhfabrik mit den Geschichten über Lurchi  kennen. Er sitzt mitten auf dem Trail, ist sehr träge, fast wäre ich auf ihn getreten. Mache Fotos. Filme seine Bewegungen ...

 

Nach etlichen Höhenmetern runter, hab ich genug. Es ist 22 Uhr. Entscheide mich vom Plan abzuweichen und fürs Bleiben bei der Campsite Cold Springs. Laut Eintrag von Money Maker eine der kältesten. Er hat Recht. Habt ihr die Seite der Foundation, die sich um seine genetische Krankheit kümmert, mal angeschaut (sh. Blogeintrag 112)? Bin ich heute eben nur 12.7 Meilen, also 20.5 Kilometern gelaufen. Die 1000 Höhenmeter auf steinigem und von herbstlichem Bruchholz übersähten Trail haben mir und meinen Füßen den Rest gegeben.

 

Bei Zeltaufbau: Schluck Whiskey.

Dann freeze-dried Beef mit Nudeln, Rest frische Paprika reingeschnippelt und Oliven drauf gegessen.

Lecker! Skittels und m&m gibt's zum Nachtisch.

Musik Roberta Flack: Let it be

Handy laden an der Powerbank, rote Lampe hat gut durchgehalten durch Laden am Vormittag über Solarpanel.

Den ganzen Tag niemanden gesehen!

Ende und gute Nacht!

 

Am nächsten Morgen esse ich den Rest Beef. Portionen sind nach Ollis Ausstieg jetzt teils zu groß, praktisch für morgens. Gehe an der Spring Topf putzen, nehme gleich Wasser für Kaffee mit. Es gibt weiter Montereykäse auf Tortilla, danach den Rest von dem Schokoaufstrich, den ich noch habe.

Sortieren, Packen im Zelt, Camel Bag füllen.

Strecke und Wasser gecheckt, Notizen gemacht. Angepeilte Tentsite: 2. nach PCT-Halfway Marker (Meile 1323,5), also bei Meile 1324.2.

Auf der Tentsite soll Netzempfang sein, da die Stadt Chester nahe ist. Ich muss Banksachen und anderes erledigen.

 

Nehme bei der Cold Springs in beiden Flaschen Wasser mit, da das Wasser bei den kommenden Quellen teils schwer zu schöpfen sein soll, einige dry sind und die anderen weit auseinander oder etwas abseits vom Trail liegen.

Sonne nun draußen, blauer Himmel.

Auto hält an Dirt Road, Fahrer holt wohl Wasser, hoffentlich werde ich nicht angesprochen.  Empfinde Störung kurz als "Bedrohung".

Erneut Auto mit 3 Frauen und schwarzem Hund. Hiken an mir vorbei, kein good morning, denken vielleicht sie stören, saß in der Hocke vorm Zelt, allerdings überm Handy 😁.

Laufen ist beschwerlich. Mache nach Steigung (ich kann keine mehr sehen) schon nach 4 km, an der Abzweigung zum "Butte County high point" Pause. Esse.

 

Kurz nach 12 Uhr will ich weiter, kommen Doug mit Pistole am Halfter (wg. Bären, Cougars, um in die Luft zu schießen - dennoch befremdlich) und Chuck von Norden des Weges. Tageshiker, Männer von 2 der 3 Frauen, die an der Cold Springs an mir vorbei gingen.

 

Wollen wissen wo ich her bin, Germany South, Black Forest. Doug war als Kind in Kaiserslautern, da sein Vater dort stationiert war.

Wollen weiter wissen, wie lang ich bis Ashland noch bräuchte. 2,5 Wochen. Ich könnte Schnee bekommen, vor 2 Wochen hätte hier auch noch Schnee gelegen, vom ersten frühen Schneefall.

Bieten mir Essen an, Nüsse, Trauben, wüssten ja nicht, ob ich bei Chester rausginge, nein geh ich nicht. Trauben nehme ich und mache 2. Lunch mit Käse und Trauben als beide weg sind, yummi.

Vorher machen wir noch ein Selfie und Doug fotografiert mich noch vorm Lake Almanor. Beide haben ihr Auto beim Humboldt Road & Summit geparkt. Die Frauen an der Cold Springs. Sind sich dann entgegen gelaufen, haben kurz bevor sie mich getroffen haben, zusammen geluncht, nun übernimmt jeweils die eine Gruppe den Wagen der anderen: Was für ne klasse Idee, muss ich Gabi (unsere Blog-Übersetzerin), ihrem Mann Rudi, Olli und unseren Freunden Hardy und Rike (wohnen auf der Schwäbischen Alb) vorschlagen. Bedaure, nicht auf die Idee gekommen zu sein, Doug und Chuck den Müll inklusive leerer Gaskartouche mitgegeben zu haben.

Den Rest der Trauben zupfe ich in eine Flasche, damit sie nicht zerquetschen. Dabei kommt mir die Idee für "wo ist Kopf im Zelt", nachdem ich jetzt schon das zweite Mal abwärts lag, weil meine Augen wohl einer optischen Täuschung unterlagen: Kugel ---> Traube rollen lassen

Wenn die weg sind, rundes Holzstück. Olli hat die Schräge im Zelt, wenn der Boden nicht ganz gerade war, immer (fast) sofort richtig eingeschätzt ♥️.

 

Sehe in einiger Entfernung geballten Rauch in Laufrichtung links überm Wald. Feuer?

Es grassieren 3 Feuer in der Gegend, es riecht auch öfter diffus nach Feuer.

Schluck Whiskey genommen, weil's so zäh läuft, dann weiter.

16.30 bin ich bei der Robbers Spring. Es geht nen halben Kilometer steil runter, flow sah erst mäßig aus, Flaschen waren aber schnell voll.

Gegen 18 Uhr treffe ich Dusty, 25, (Abby aus Seattle), in Frankfurt geboren, weil die Eltern für Brothers gearbeitet haben. Sie geht den Rest vom Trail southbound und ist sehr froh, mit jemandem sprechen zu können, sie läuft auch schon länger als ich alleine. Ich habe Englischwortfindungsstörungen. Wir reden an die 20 Minuten. Sie möchte Cop werden. Hat grad das College mit nem Bachelor in Science abgeschlossen, Forensic war dabei. Das mag sie aber gar nicht und sei nicht der Grund, weshalb sie Polizistin werden wolle. Sie möchte einfach Cop in Sacramento werden. Ich erzähle ihr von Mike "Downhill", der uns die Trailnamen gab und der bis zur Rente mit 50 Cop in Sacramento war. Mit dem Trail, sie hat noch 10 Tage, möchte sie nun schnell fertig werden. Das ständige Umknicken auf den Steinen ... Wie bei mir. Die Zeit ist reif ... Wir machen ein Selfie und verabschieden uns voneinander mit den besten Wünschen für eine animallose Nacht.

Es ist mild für die Höhe im Gegensatz zum Vorabend (Salamander-Abend).

 

Beim Aufstieg vorher und nachher viel Feuergeruch, erst als es nach den Serpentinen wieder "geradeaus" in den Wald geht, ist der Geruch weg, vor der "Geraden" noch toller Sternenhimmelblick. Sternschnuppe, wünsche mir was ...

 

Es wird allmählich dunkel.

Das Wasser fürs Abendessen und Frühstück schleppe ich den Berg hoch über die Tentsite auf 7300 feet und weiter zum PCT-Halfway Marker auf 7200 feet, der für mich eher ein Endmarker ist.

Den ganzen Aufstieg über hatte ich Unterstüzung von Gummibären. Oben war die Tüte dann leer.

 

21.30 Uhr: Am Halfway-Marker bei Meile 1323,5 nehme ich mir 30 min Zeit, blättere im Register:

Patience (Estonia) war tatsächlich schon am 8.10. durchgekommen, Mulan & 173 und Whistler ebenfalls vor mir. Trage "uns" ein, mache Fotos und filme, auch ne Videobotschaft für Olli.

 

22 Uhr weiter, kalt nun, Windjacke an, nur 1 Meile bis zur 2. Campsite nach dem Halfway-Marker, die mit Netzempfang.

 

22.30 Uhr Ankunft nach etwas Suchen, aber reflektierende Bändel, die jemand absichtlich zum Finden liegen gelassen haben muss, haben die Campsite angezeigt.

 

Zeltaufbau. Die Tentsite hat tatsächlich Netz! Wiedersehensvideo von Olli und Zarah angesehen, meine Videobotschaft verschickt.

 

Essen: Couscous in Chicken Brühe, m&m

(Kein Käse mit Trauben mehr.)

 

0:52 Schlafen nach letzter Nachricht an Olli,

Handyakku geht leer ...

 

23. Oktober

7.30 Uhr aufgestanden. Mit Olli über "Trailheimweh" kommuniziert.

8.45 Uhr raus, Frühstück in der Sonne gerichtet, Solarpanel mit Powerbank und Fotoakkuladegerät ausgelegt.

Käse mit Trauben :-))

Lese Ollis Blogeintrag "Daheim".

Checke nächste Wasserquelle und damit, ob ich mir Oatmeal machen kann oder lieber Tortilla esse. Verlässliche Wasserstellen gibt es immer wieder. Zuletzt an der angestrebten Campsite "Bear boundary spring" bei Meile 1346.4. Hier übernachten die, die keinen Bärenkanister mehr tragen (auch ich habe keinen mehr) und laufen am nächsten Tag bis zum Ende der Boundary, ebenfalls Campsite mit Quelle, die knapp 20 Meilen am Stück.

Bis dahin geht es fast nur runter, was bedeutet, dass ich schneller bin; kann mir daher leisten, hier noch einiges im Netz und Notizen zu erledigen und somit auch die Geräte länger zu laden, auch wenn es recht kalt ist. Der Tag wird fast ein Zero-Day bis ich loslaufe. Meine Knochen und Füße haben sich gut erholt. Ich laufe also nicht mehr bis zur Boundary, sondern nutze die Campsite am Highway 36 (hier geht's nach Chester). Es gibt einen Picnictable, schön fürs Frühstück. Zwei Autos parken davor. Die wenigen vorbeifahrenden Autos stören mich nicht. Nach so viel Wald ist mir ein bisschen"Zivilisation" recht. Wasser habe ich unterwegs aufgenommen.